Johann Peter Krafft: Stillleben mit Obst und Gemüse auf weißem Tischtuch, 1830/1840, Österreichische Galerie Belvedere
Unser Bild von Schlossgärten ist geprägt durch prächtige Blumenbeete, stattliche Alleen, schattige Bosketts oder weitläufige Wiesen; Gemüsebeete oder Obstplantagen verbinden wir eher nicht mit fürstlicher Pracht. In vergangenen Jahrhunderten dienten fürstliche Gärten jedoch nicht nur der Zierde, sondern in ihnen mussten auch Nutzpflanzen für Hofküche und Hofapotheke erzeugt werden.
Meist hinter hohen Mauern verborgen, lagen die rechtwinkligen Beete, in denen Gemüse angebaut, in Mistbeeten empfindlichere Kulturen vorgezogen und allerlei Obst als Hochstamm oder als Spalier kultiviert wurde. Diese Küchengärten wurden in der Regel von eigenen Küchengärtnern gepflegt, die festgelegte Mengen an die Hofküchen zu liefern hatten.
Neben den gängigen Arten und Sorten mussten oft auch wechselnde Sonderwünsche der Besitzer erfüllt werden.
Potager du Roi in Versailles
Einer der größten Küchengärten ist der Potager du Roi, der Küchengarten des Königs in Versailles. Ab 1678 von Jean Baptiste de la Quintinie für König Ludwig XIV. angelegt, zählt er zu den ältesten erhaltenen Küchengärten. Der neun Hektar große Nutzgarten liegt südöstlich des Schlosses von Versailles, vom Schlossgarten durch ein prachtvolles Tor getrennt. Zentrum der rechteckigen Anlage ist der tiefer liegende „Garten der Feldgemüse“, ein zentrales Beet mit einem großen Wasserbecken. Auf den umgebenden Terrassen werden weitere Gemüsearten und Obst gezogen. Im nördlichen Bereich befanden sich zahlreiche Mistbeetkästen und Glashäuser zum Anbau empfindlicherer Kulturen. Seit 1873 befindet sich die Gartenbauschule von Versailles auf dem Areal, das immer noch als Küchengarten genutzt wird. Pro Jahr werden hier etwa 50 Tonnen Obst und 30 Tonnen Gemüse produziert.
Küchengärten des Kaisers in Wien
Der Bedarf an Obst und Gemüse am Hof des Kaisers in Wien war außerordentlich groß. Neben der kaiserlichen Familie mussten auch über 2.000 Hofbedienstete versorgt werden. Ein Teil der benötigten Lebensmittel wurde auf den lokalen Märkten angekauft, ein weiterer Teil in den kaiserlichen Küchengärten produziert. Die Hofgärtner waren jedoch angehalten, möglichst viel Obst und Gemüse zu produzieren, um den Einkauf auf das Nötigste zu beschränken. Der tatsächliche Bedarf schwankte stark, da die Bewirtung bei Staatsbesuchen, Banketten und großen Festen ebenso der Hofküche unterlag.
Darüber hinaus musste auf besondere Vorlieben der kaiserlichen Familie Rücksicht genommen werden. Obst und Gemüse wurde zum Teil in Treibhäusern vorgezogen und weit vor der eigentlichen Saison zur Reife gebracht. Auch waren nicht frostfeste Obstgehölze und -stauden vorhanden, die im Winter oder zum Teil auch ganzjährig unter Glas kultiviert werden mussten.
Obst und Gemüse
Der Schwerpunkt der Küchengärten in Wien lag auf der Obstkultur.
In Schönbrunn und im Belvedere befanden sich große Obstanlagen und Treibhäuser, ebenso in Hetzendorf. Gemüse wurde dagegen im Augarten gezogen. Es wurden vor allem empfindlichere Sonderkulturen, wie zum Beispiel Spargel, angebaut und Feldgemüse, wie Erdäpfel, Karotten oder Kraut, auf dem Markt zugekauft.
Wichtigste Obstgattung waren die Äpfel, gefolgt von Birnen, Marillen, Zwetschken, Pfirsichen und Beerenobst. Das Obst wurde sowohl frisch verzehrt als auch für den späteren Genuss konserviert. Die schönsten und edelsten Früchte waren für die kaiserliche Tafel vorgesehen, je niedriger der Dienstgrad, desto einfacher waren auch die Speisen.
Schlosspark Schönbrunn
Im Schlosspark Schönbrunn wurde an mehreren Stellen Obst kultiviert. 1753 ließ Kaiser Franz I. Stephan den Holländischen Garten im Bereich des heutigen Palmenhauses anlegen. Neben Zierpflanzen wurde hier auch Gemüse und Obst kultiviert. Nicht frostfeste Nutzpflanzen wurden in den Glashäusern überwintert. Bis zur landschaftlichen Umgestaltung dieses Gartenteils Anfang des 19. Jahrhunderts wurde hier auch für die Hofküche produziert.
Im 1755 vor dem Großen Orangeriegebäude im Osten des Schlosses angelegten Orangeriegarten befanden sich Spalierobst, Treibhäuser für das Vortreiben von Steinobst wie Marillen oder Zwetschken sowie Mistbeetkästen. 1827 ließ Hofgartendirektor Bredemayer diesen Nutzgarten in einen reinen Ziergarten umgestalten. Die Obsttreiberei wurde in der „Kleinen Orangerie“, südlich der Meidlinger Fahrstraße weitergeführt. Etwa 50 Jahre später wurde im Orangeriegarten erneut Obst und Gemüse angebaut.
Das 1819 angekaufte Gelände des Feldgartens, entlang der Grünbergstraße, wurde ebenfalls als Küchengarten zur Obstkultivierung genutzt. Südlich davon befand sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, im Bereich der heutigen HBLFA für Gartenbau, der Bergobstgarten, in dem überwiegend Kernobst produziert wurde.
Belvederegarten
Der Garten des Belvederes gelangte nach dem Tod Prinz Eugens im Jahr 1736 in den Besitz des Kaiserhauses. Bereits Prinz Eugen hatte Anfang des 18. Jahrhunderts hier einen großen Küchengarten anlegen lassen. Dieser wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts für die Sammlung heimischer Pflanzen, die „Flora austriaca“ umgestaltet und 1865 durch den bis heute bestehenden Alpengarten erweitert.
Der Kammergarten seitlich des Unteren Belvederes diente dagegen nun als Nutzgarten. Die vorhandenen Parterres wurden in eine Obstanlage umgestaltet, Treibhäuser für Ananas errichtet und im ehemaligen Pomeranzenhaus Zwetschken getrieben. Auch im Bereich östlich des Oberen Belvederes, im Pfirsichgarten, wurden nun Obstgehölze gepflanzt.
Augarten
Der Augarten wurde ursprünglich als kaiserliche Jagdanlage Anfang des 17. Jahrhunderts für Kaiser Matthias angelegt und bis in das 20. Jahrhundert immer wieder umgestaltet. Die Anlage befindet sich im ehemaligen Überschwemmungsgebiet der Donau. In der Nutzgartenabteilung des Augartens wurde vor allem Steinobst wie Pfirsiche, Mirabellen und Zwetschken kultiviert. In Treibhäusern wurde vorgetrieben, um bereits im Frühjahr reifes Obst ernten zu können. In mehreren Glashäusern wurden Ananas angebaut.
Der fruchtbare Auenboden und die Lage in der Ebene waren ideal für die Kultivierung von Gemüse. Bis in das 19. Jahrhundert befanden sich innerhalb des Augartens und nördlich des Parkgeländes größere Flächen zum Anbau von Feldgemüse.
Pomeranzen, Pisang und Ananas
Auch exotische Früchte wurden schon früh in der Hofküche verwendet. Zunächst kamen einzelne Früchte über Fruchthändler nach Wien. Aufgrund der langen Transportwege waren die Hofgärtner gehalten, das Obst selbst zu erzeugen. Feigenbäume wurden bereits 1502 in den Gärten an der Wiener Hofburg kultiviert, Pomeranzen (Bitterorangen) ab 1542. Zunächst war der Ertrag noch eher gering. Anfang des 19. Jahrhunderts bestand dann die Schönbrunner Orangerie aus über 1.500 Zitrusbäumen. Die Früchte wurden konserviert, als Gewürz verwendet und in den Hofapotheken diverse Arzneimittel daraus hergestellt. Ein Teil der Pomeranzenblüten wurde geerntet und in Zucker eingelegt.
Auch Pisang (Bananen) und Ananas wurden für die kaiserliche Hofküche kultiviert. Beide kamen 1753 mit dem holländischen Gärtner Adrian van Steckhoven nach Schönbrunn. Das eigens in Schönbrunn errichtete Pisanghaus wurde 1808 in ein Pomeranzenhaus umgebaut, da die kaiserliche Familie keine Bananen mochte. An Ananas bestand dagegen ein großer Bedarf. In Schönbrunn, im Belvedere und im Augarten wurden Ananas in separaten Glashäusern für die Hofküche und zur Dekoration angebaut.